Für einen Blick ins politische Herz der USA, nach Washington D.C., hatten wir nur zwei Abende und einen Tag lang Zeit.
In diesem Beitrag kann Werbung enthalten sein, selbst dann, wenn keine Werbekooperation oder anderweitige Zusammenarbeit mit den genannten Unternehmen stattgefunden hat. Generell geben die Texte immer meine eigene Meinung wieder. Kooperationen, die beauftragt sind werden mit Anzeige gekennzeichnet.
Da wir erahnten, welche städtebaulichen Dimensionen uns hier erwarten (der Planer der Hauptstadt war ein Franzose und hatte unter anderem die Pläne von Paris, Frankfurt und Karlsruhe im Koffer, als er seine Arbeit begann), haben wir uns auf das innere Zentrum konzentriert. Denn allein die National Mall zwischen dem Lincoln Memorial und dem Capitol Hill ist fast 5 km lang und einen halben Kilometer breit.
Es hat zumindest gereicht, um ein paar Highlights der politischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten zu besuchen und ein paar persönliche Tipps einzusammeln, wo du angesagt essen kannst!
Der Turbo-Schnell-Besuch hatte seinen Grund: Eigentlich wollten wir sehr früh in Charlottesville starten und die knapp zweieinhalb Stunden Autofahrt in die US-Hauptstadt schnell durchziehen, um dort noch einen halben Tag zu haben.
Aber Burkhard hatte noch eine letzte Chance zum Klamotten-Einkauf vor der Abgabe des Mietwagens gut! Also sind wir – mal wieder – erst nach einem etwas gemütlicheren Frühstück gestartet und haben als Zwischenstopp Fredericksburg angesteuert, weil dort eine große Outlet- bzw. Shopping-Area ist. Hier steht auch eine große Filiale von Kohl´s – die Kette bietet vornehmlich Bekleidung und Accessoires an, und wir kannten sie bereits ausgiebig von unserem 2005er-US-Besuch.
Wie du an den Tüten siehst (gefühlte 12,9 kg…), war Burkhard´s Einkaufs-Session nicht nur viel länger als eingeplant, sondern auch sehr erfolgreich ? Und im Nachhinein kann er das auch noch als einen Teil der Vorbereitung auf das politische Washington darstellen: Präsident des Unternehmens in den 1970ern war Herbert „Herb“ Kohl“, ein Politiker der Demokratischen Partei und Philanthrop (wie George Peabody, der in Baltimore sein Institut mit Bibliothek für die Allgemeinheit stiftete – ? hör unsere Podcastfolge 120!). So, und von 1989 bis 2013 war Herb Kohl Senator für den Bundesstaat Wisconsin – also, passt doch! Man muss die Dinge einfach nur im richtigen Zusammenhang erklären ?
Immerhin haben wir uns gegen Spätnachmittag bei der Anfahrt über die Interstate 395 in den Stau vor der Hauptstadt eingereiht und hatten viel Zeit, dass Brückengewirr zu betrachten.
Die Interstate 395 bringt dich von Südwesten her direkt vorbei am Pentagon, dem Verteidigungsministerium, nach Washington D.C. Beim ersten Anblick vom Auto aus erschien uns dieser Bau fast ein wenig klein.
Dass dieser Eindruck täuscht, haben wir beim Abflug nach Key West gesehen, als wir das markante Gebäude von oben betrachten konnten. Flach, aber passend zur Anzahl der Ecken an den Enden der jeweils 280 Meter langen Außenwänden auch mit fünf Gebäude-Reihen und einem grünen Innenhof konzipiert, ist das US-Verteidigungsministerium mit einer Bürofläche von über 344.000 Quadratmetern das größte einzelne Verwaltungsgebäude und das zehntgrößte Gebäude der Welt!
Um den Turbo-Schnell-Besuch so effizient wie möglich gestalten zu können, haben wir dann doch die Touri-Variante mit einem „Hop on Hopp off“ – Bus gewählt. Wir finden: Wenn du wenig Zeit für eine Stadt hast, ist das eine korrekte Möglichkeit. Ansonsten planen wir für Städte natürlich gerne viel Zeit ein und lieben es, hauptsächlich zu Fuß unterwegs zu sein. Denn dann siehst du am meisten, kannst dich inspirieren lassen und kleine kulturelle und kulinarische Schätze oder Geheimtipps entdecken!
Auf uns hat die Stadt insgesamt einen sehr aufgeräumten und sauberen Eindruck gemacht; jedenfalls fast, was wir von ihr gesehen haben. Interessant ist die Mischung zwischen alter Bausubstanz aus den Gründerjahren und den neuen Gebäuden mit viel Glas.
Der Tag war mega heiß und schwül, und wir hatten auf Empfehlung und mit Rabatt unseres Portiers im Hotel den Anbieter „Big Bus“ gewählt, der original historische Londoner Busse ohne Klimatisierung und ohne Sonnendach auf dem oberen Deck einsetzt. Zwar atmosphärisch nett, aber schon bei der etwas längeren Standzeit an der Union Station war uns klar: Beim Capitol Hill steigen wir aus und begeben uns in die gekühlten Räumlichkeiten des Kongresses…
Denn diese Chance wollte sich Burkhard auf gar keinen Fall entgehen lassen: Im Rahmen seines Studiums der Politikwissenschaften hat er doch für ein sicherheitspolitisches Forschungsprojekt ein Jahr lang die Protokolle des Kongresses dahingehend analysiert. Aber auch Betina war als Buchautorin dann vor allem auch von dem zweiten Gebäude, das zum Kongress gehört, sichtlich begeistert: Der Bibliothek des Hauses!
Schon von der Vorderseite ist das Kapitol mit seinen breiten Freitreppen ein sehr imposantes Gebäude. Das klassizistische Bauwerk ist der Sitz der amerikanischen Legislative und besteht aus einer Rotunde mit einer Kuppel in der Mitte, an die die beiden Parlamentsflügel – des Senats und des Repräsentantenhauses – anschließen. Auf der Ostseite befindet sich mittig der Eingang zum Visitor Center (auf dem Bild rechts von uns).
In dem tieferliegenden Eingangsbereich kannst du dich auch ohne Voranmeldung für eine Führung mit Guide und Übersetzung anstellen. Der Eintritt ist frei!
Nach einem viertelstündigen, durchaus pathetischen Film über die Entstehung der USA und des Kongresses kommst du mit deiner Führung in den Raum unter der Kuppel, der sog. Rotunde.
Der immens hohe Raum ist von innen fast noch beeindruckender als die Außenansicht, und du läufst Gefahr, dir ein steifes Genick zu holen ?
Die nicht überladene, farblich sehr ansprechende Kuppel erinnert mit ihrem Deckengemälde an eine Kirche, hat aber eine ganz weltliche Bedeutung: Mit dem Zoom unserer Kamera konnten wir die Inschrift „E pluribus unum“ für dich einfangen: Frei übersetzt aus dem Lateinischen heißt das „Aus vielen eines“, einer der Grundsätze der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika. Es ist übrigens auch der Wappenspruch im offiziellen Dienstsiegel und Hoheitszeichen der USA. Vielleicht sollte Donald Trump sich mal die Bedeutung erklären lassen – aber das benötigt halt mehr als 15 Sekunden, und zu längerer kognitiver Aufmerksamkeit ist der aktuell den Präsidenten der USA spielende Typ ja offenbar nicht fähig…
Nicht nur Gemälde mit wesentlichen Stationen der US-Geschichte findest du unter der Kuppel – hier die Darstellung der Erklärung der Unabhängigkeit (hör mal in unsere ? Podcastfolge 118 rein!).
Auch Statuen von ehemaligen US-Präsidenten befinden sich hier. Wenn man bedenkt, wie stark schon die Spannung zwischen historischer Bedeutung und intellektuell-politischer Kompetenzen zum Beispiel zwischen Abraham Lincoln und dem ehemaligen Schauspieler Ronald Reagan war, will man den Gedanken bezogen auf die aktuelle Situation gar nicht weiterspinnen. Eher wünscht man sich als kleinstes Übel schon fast wenigstens Reagan zurück…..der war am Ende immerhin teils zu vernünftiger internationaler Politik fähig (hör mal in unsere ? Podcastfolge 109 rein!).
Hinter dem links von Thomas Jefferson und rechts von George Washington bewachten Durchgang befindet sich das Büro des „Speaker of the House“. Hier ist der Arbeitsplatz von Nancy Pelosi, die als Sprecherin des Repräsentantenhauses aktuell die mächtige parlamentarische Gegenspielerin des derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump ist (hör mal in ? unsere Podcastfolge 120 rein!).
Ein weiterer runder Raum beherbergt Statuen nicht nur von ehemaligen Präsidenten, sondern auch ansonsten bedeutenden Menschen, die die Geschichte und Politik USA mitgeprägt haben.
So befindet sich hier ein Denkmal für Dr. Martin Luther King, auf den wir weiter unten noch zu sprechen kommen.
Außerdem wird hier der Frau die gebührende Ehre gezollt, die für Martin Luther King DIE Vorlage schlechthin geliefert hat: Rosa Louise Parks. Die afroamerikanische Bürgerrechtlerin weigerte sich im Dezember 1955, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen, was damals noch geltende Gesetzgebung war, und wurde verhaftet. Der noch relativ unbekannte Baptistenprediger Martin Luther King organisierte als Antwort den „Montgomery Bus Boykott“. Dieser Startschuss für die schwarze Bürgerrechtsbewegung zwang später die Behörden dazu, die Rassentrennung innerhalb von Bussen und Zügen aufzuheben.
Durch einen unterirdischen Tunnel gelangst du in die „Library of Congress“, der Bibliothek für die Abgeordneten, Senatoren und ihre Mitarbeiter, die ca. 300 Meter vom Kapitol entfernt steht.
Die Wandelhalle vor der eigentlichen Bibliothek mit einer Balustrade im oberen Bereich ist der Öffentlichkeit zugänglich. Das Innere des Baus ist ebenso beeindruckend wie das Kapitol und der klassizistische Stil sehr klar.
Burkhard als gebürtiger Hesse hat sich besonders darüber gefreut, dass an diesem Ort des Geistes und der Intellektualität – direkt neben Shakespeare – ein großer Hesse und Frankfurter verewigt ist: Goethe ?
Im Basement der Wandelhalle sind übrigens die 12 Sternzeichen eingelassen – natürlich wollten wir uns die passenden Schnappschüsse nicht entgehen lassen.
Die Bibliothek selbst ist nicht öffentlich, aber du kannst von oben einen Blick in den Lesesaal werfen. Hier ist das Wissen der Welt für die politischen Vertreter ihrer Bundesstaaten einsehbar – eine ästhetische, Erhabenheit verströmende Atmosphäre, um Bewegung in der Politik vorzubereiten!
In den öffentlich zugänglichen Bereichen werden wechselnde Ausstellungen gezeigt. Als wir dort waren, war ein Original der Gutenberg-Bibel zu sehen.
Außerdem gab es eine umfangreiche Ausstellung über die Sufragetten-Bewegung für das Frauenwahlrecht Anfang des 20. (sic!) Jahrhunderts.
Schade fanden wir, nicht genügend Zeit für diese super interessante und wichtige Exposition gehabt zu haben. Links Harriet Tubman, eine bedeutende Menschenrechtlerin.
Sogar die Original-Bibliothek von Thomas Jefferson war ausgestellt (hör mal in ? unsere Podcastfolge 138 rein!).
Die Außenansicht der Bibliothek – hier kannst du den Gebäudekomplex auch verlassen.
An der 14. Straße und der Constitution Avenue stehen zwar jede Menge Food Trucks herum, an denen du wahrscheinlich zumindest deinen Hunger stillen kannst; wir haben dort nichts probieren können.
Wir haben den nächsten „Big Bus“ genommen und sind Richtung Waterfront weitergefahren. Das kleine Viertel an einem Seitenarm des Potomac musst du dir unbedingt ansehen, wenn du in Washington D.C. bist!
„The Wharf“, so heißt die Ausgehmeile mit Bars und Restaurants an dem mediterran anmutenden Jachthafen. Hier trifft sich die Hauptstadt an einem heißen Sommerabend! Der Kai ist übrigens der älteste Fischmarkt der USA.
Weil die intensive Besichtigung des Kapitols und der Bibliothek uns einen leichten Appetit in den Magen getrieben hatte, haben wir uns für einen Snack bei Del Mar entschieden. Der italienische Besitzer mehrerer Restaurants hat hier eine Location mit spanischer Küche etabliert – sehr stilvoll und schön mit goldenem Besteck eingedeckt.
Das Servicepersonal in der stylishen Location ist nicht nur schick angezogen, sondern auch in der Lage, eine Paella vorzulegen.
Die Patatas Bravas sind garniert mit einer schön aromatischen Knoblauchsauce. Auch die gegrillte Aubergine mit süßlichen roten Paprika und Zwiebeln sowie Anchovis aus dem kantabrischen Meer haben uns optisch und gustatorisch wirklich an die original Tapas-Küche aus dem Baskenland erinnert (hör mal ? unsere Podcastfolgen 79 und 80 rein!)
Kulinarisch bestens gestärkt, haben wir an der Bus-Haltestelle auf den nächsten Big Bus in Richtung der „Memorials“ gewartet – hier steht übrigens das „Nationale Institut für Ernährung und Landwirtschaft“ – ein passender Ort.
Über eine Brücke vorbei am Tidal Basin geht es in Richtung der monumentalen Gedenkstätten für die ganz Großen der US-amerikanischen Geschichte. Der See ist übrigens umrundet von japanischen Kirschbäumen und in der Blüte eine frühlings- und sagenhaft farbliche Impression
Das Lincoln Memorial ist nicht nur von der Dimension her das beeindruckendste und erinnert an einen der ganz großen Präsidenten der US-Geschichte – dort haben auch viele politisch wegweisenden Veranstaltungen stattgefunden.
Für uns beide war es ein absoluter Gänsehaut-Moment, exakt auf der Stelle zu stehen, wo Martin Luther King am 28. August 1963 bei der Kundgebung für Freiheit und Arbeit seine berühmte Rede „I have a dream“ gehalten hat.
Wir geben es gerne zu: Bei der Vorstellung, dass dieser Redner hier rund 250.00 Menschen rund um den sog. Reflecting Pool von einer glorreichen Zukunft ohne Rassismus und mit Menschenrechten für alle dermaßen begeistert hat, dass dies grundlegende gesetzliche Veränderungen nach sich zog, standen uns an dieser Stelle die Tränen in den Augen. Allein dieser einzigartige Moment ist für uns genug Begründung für diese wirklich sehr kostenintensive, aber inspirierende und von uns selbst individuell konzipierte Reise durch den mittleren Osten der USA!
Normalerweise verweisen wir in unseren Blogs nicht auf weitergehende Seiten. In diesem Fall aber tun wir dies gerne mit der nachdrücklichen Empfehlung, die Links anzuklicken: „Dürfte man nur eine große Rede der Weltgeschichte auswählen, dann wäre es wohl diese“, fasst der Fernsehsender ARTE zu Recht seine gelungene Zusammenfassung und Einordnung dieses gigantischen Auftritts von Martin Luther King zusammen. Du findest die Sendung vom 01.07.2018 (Dauer 10:38) hier:
In nur einem Satz resümierte Martin Luther King seinen friedlichen Kampf für die Bürgerrechte der schwarzen US-Amerikaner, die von der weißen Mehrheitsgesellschaft diskriminiert wurden. Die historischen Worte sprach er 1963 am Ende eines Marsches nach Washington, mit dem 250 000 Menschen für Arbeit und Freiheit demonstrierten. Sie weisen den Weg zur Verwirklichung eines Traumes, erinnerten das damalige Amerika aber auch an seine Fehler, seine Versäumnisse und die Versprechen, die es nicht halten konnte. Wie entstand das legendäre „I Have a Dream“? War der Marsch nach Washington ein historischer Wendepunkt? Ist der Traum des schwarzen Predigers heute Wirklichkeit?
Die komplette Rede mit deutschen Untertiteln findest du hier (Dauer 17:28):
Etwas spooky wirkt das Denkmal für die im Korea-Krieg gestorbenen Soldaten. Lebensgroße Figuren von Soldaten stehen hier in einer Grünfläche und schauen dich zum Teil in einer Weise an, die dir die Angst dieser Menschen vor dem sinnlosen, tödlichen Kriegsgefecht ins Gehirn massiert.
Das Martin Luther King-Memorial erreichst du auch gut zu Fuß vom Lincoln Memorial aus.
„Out of the mountain of despair, a stone of hope“ – „Aus dem Berg der Verzweiflung ein Stein der Hoffnung“ -die aus dem Stein nicht komplett herausgehauene und somit unvollendete Statue symbolisiert für uns, dass die vollständige Gleichstellung der afroamerikanischen Bevölkerung in politischer und sozio-ökonomischer Hinsicht noch immer nicht ganz in der heutigen amerikanischen Gesellschaftswirklichkeit durchgesetzt ist
Am anderen Ende des „Refleting pool“ steht das „Washington Monument“, zu Ehren des ersten Präsidenten der USA, George Washington, errichtet. Bis heute ist es das höchste Steinbauwerk der Welt. Die 897 Treppenstufen mussten Frauen und Kinder damals emporsteigen, wenn sie den sicher gigantischen Ausblick genießen wollten. Den dampfbetriebenen Aufzug durften nur Männer benutzen, weil man nicht sicher war, ob dieser für Frauen und Kinder gesundheitlich verträglich war. Die entsprechende Kommentierung hörst du in ? unserer Podcastfolge 154 ?