Wir wollten wissen, was die Weine an den Südhängen der Appalachen im äußersten Westen der Region Monticello können. Denn wir haben vermutet, dass das Mikroklima dort besondere Weine entstehen lassen könnten.
Deshalb sind wir nach einem schönen Frühstück in unserem Hotel The Clifton aufgebrochen und die Interstate 64 gemütlich Richtung Westen gerollt.
In diesem Beitrag kann Werbung enthalten sein, selbst dann, wenn keine Werbekooperation oder anderweitige Zusammenarbeit mit den genannten Unternehmen stattgefunden hat. Generell geben die Texte immer meine eigene Meinung wieder. Kooperationen, die beauftragt sind werden mit Anzeige gekennzeichnet.
Ganz in der Nähe des südlichen Eingangs zum Shenandoah National Park und dem Skyline Drive, dem Blue Ridge Parkway North Entrance, liegt das Weingut Afton Mountain Vineyards. „Weine gedeihen nicht in hässlichen Plätzen“ – dieser Untertitel ist eine Ansage! Und sie stimmt.
Je weiter du dich von der Interstate wegbewegst, umso kleiner, schmäler und langsamer werden die Straßen. Die Einfahrt zum Weingut verpasst du also nicht, weil du zu schnell bist ?
Afton Mountain Vineyards liegt inmitten einer grünen Hügellandschaft – im Nichts. Hier sagen sich Fuchs und Hase tatsächlich gute Nacht. Die Reben werden durch Zäune vor dem Übergriff wilder Tiere geschützt, und die Bepflanzung auf dem Gut ist herrlich mediterran.
Die Anlage ist sehr gepflegt, der Pavillon (siehe Bild oben) hat uns sofort an das Weingut Baigorri im Rioja Alavesa erinnert (? lies unseren Blog zur ? Podcastfolge 098). Allerdings steht hier nicht die Funktionalität im Sinne der besonders schonenden Traubenverarbeitung wie im Baskenland im Vordergrund, sondern einfach die Ästhetik.
In den Cottages kannst du wohnen: Wer Natur und absolute Ruhe liebt, auf der Veranda mit einem schönen Tropfen im Glas sitzen und Rehe und vielleicht sogar Bären beobachten will, der ist hier bestens aufgehoben.
Beim Betreten des Weinguts hast du eher das Gefühl, in ein Privathaus zu kommen -gemütliche Wohnzimmeratmosphäre macht sich breit.
Der Verkostungsraum ist schlicht eingerichtet und fokussiert dich auf die Weine.
Unsere erste Probe ist ein Estate Reserve Chardonnay 2017, von dem die Hälfte in französischem Holz gereift ist, die andere Hälfte ganz profan im Stahltank. Ein typischer Vertreter der Rebsorte: Mit einer buttrigen, nussigen Note, sehr cremig am Gaumen, sehr rund und weich sowie kaum Säure erinnert der Chardonnay durchaus ans Burgund.
Der Sommer Wein, ein Rosé 2018, ist eine Cuvée aus 62% Cabernet Sauvignon, 21% Merlot und 17% Pinot noir. Erdbeer- und Himbeeraromen machen sich breit, der Wein hat schöne Früchte, vorne auf der Zunge, aber nur da, noch einen leichten Säurebiss und eine gewisse Mineralität.
Vorne recht lange präsent, passt der Allrounder-Rosé sicher gut zu rotem und weißem Fleisch oder Fisch mit Kräutern der Provence.
Der reinrassige Cabernet Franc, Jahrgang 2018, ist ganz weich und nur fruchtig, er hat nur minimale Tannine. Er wird in Concrete Tanks ausgebaut, so heißen hier die Zementbottiche bzw. -Eier. Leicht gekühlt ist er ein schöner Sommer-Rotwein, den du zum Beispiel mit Blick auf den Baldwin Pond, den kleinen See unterhalb des Weinguts, super genießen kannst.
Der Bacco 2016 ist eine Rotwein-Cuvée, die überwiegend aus Cabernet Sauvignon und über einem Viertel Sangiovese besteht. Der Rest verteilt sich auf Petit Verdot und Tannat.
Der Wein geht mit seinen deutlichen Tanninen eindeutig in Richtung einer Toskana Cuvée. Perfekt mit einem Wildschweinragout auf Pappardelle: Pfeffrige, würzige Noten und ein Hauch von Macchia, aber eher weniger Frucht kennzeichnen diesen Wein.
Ein Bordeaux Style ist die Tradition 2018: 46% Merlot, 36% Petit Verdot und 18% Cabernet Sauvignon. In der Nase ist klar das Vorbild Bordeaux erkennbar, aber nicht die schweren Vertreter, sondern eher die eleganteren, fruchtigeren: Sauerkirsche steht im Vordergrund, elegant sind auch die Tannine, in der Nase auch ein wenig Veilchen.
Mit dem abschließenden Weißwein werden wir nach Deutschland oder ins Elsass zurückgeführt: Nur drei Weingüter hier bauen Gewürztraminer an! Natürlich waren wir gespannt darauf, wie eine unserer Lieblingsreben hier performen. Eine interessante Balance zwischen süß und trocken, mit reifer Banane in der Nase, hat der Wein erst im zweiten Eindruck dann die typischen Noten des Gewürztraminers: Rose und Litschi, aber auch die ganz elegant wie alle Weine und mit erfreulich wenig Säure. Ideal, um in den Polstern mit Blick ins Grüne deinen Gedanken nachzuhängen!
Jenny vom Weingut hat uns noch ein paar Details verraten (hör sie in einem kurzen englischen O-Ton in unserer ➡️ ? Podcastfolge 134): Auf umgerechnet ca. 9 Hektar werden hier 11 verschiedene Rebsorten angebaut. Die besondere Lage mit einer Höhe von 1.000 Fuß über dem Meeresspiegel (also etwa 330 Meter), die trocknenden Winde und die vor Regen schützenden Berge ermöglichen, dass hier „Kaltwetter-Reben“ wie Pinot noir und Gewürztraminer, aber auch Albarinho gedeihen. Wir hatten also den richtigen Riecher!
Ganz in der Nähe, nur ca. 10 km entfernt, liegt Pollak Vineyards. Die großen Anbauflächen siehst du schon beim Einbiegen auf das Weingut.
Ein schönes, gepflegtes Anwesen mit herrlichen Blumenbeeten und einem kleinen See.
Hier wollte Betina unbedingt den Viognier probieren. Begonnen haben wir unsere Probe aber mit einem 2017er Chardonnay, der uns gleich überzeugt hat!
Nicht, weil er bei den Finger Lakes International Wine and Spirits Competitions Gold gewonnen hat, obwohl der Chardonnay in den USA eher die Disziplin dieser an der Grenze zu Kanada liegenden kühlen Region ist. Nein, dieser Chardonnay ist ein typischer Burgunder und erinnert an Chablis, obwohl nur 15% im Holz gereift sind und der Wein nur einen leichten Holzrahmen hat. Er besticht durch seine unheimliche Cremigkeit mit buttrigen Noten und Aromen von Cantaloup- und Honig- Melone.
Der 2017er Viognier, nur zu 5% im Holz gereift, zeigt in der Nase breite Fruchtnoten von Aprikose und Pfirsisch, schmelzig im Mund, dort aber weniger Frucht, etwas Grünes, Würziges noch und eine deutliche Säure, die für Betina zu viel war. Vom Stil aber gut gemacht.
Für eine Viertelstunde Abhängen auf der Terrasse haben wir uns noch einen Pinot Gris mitgenommen.
Auch hier kannst du nach Herzenslust picknicken und Wein, Käse und Salami im Grünen genießen. Das hat uns wieder sehr an die Weingüter in Südafrika erinnert. Angenehm bei diesem Vergleich ist allerdings, dass hier mit dem Holz sehr sparsam und dezent gearbeitet wird: Es ist meist kaum merkbar, und wenn, dann passt es. Diesen Stil finden wir besser als den südafrikanischen, bei dem leider vor allem die Weißen meist „overoaked“ sind.
Cheers!